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  • AutorenbildKarl-Josef Sittig

„Spritzenphobie und Posttraumatische Belastungsstörung“

Aktualisiert: 6. Aug. 2020

Ich stellte mich bei Herrn Sittig wegen einer Phobie vor Nadeln, Spritzen und anderen medizinischen Behandlungen vor. Zu dem Zeitpunkt befand ich mich im fünften Schwangerschaftsmonat. Obwohl ich die beschriebenen Probleme schon seit meiner Kindheit habe, war die Schwangerschaft wohl der entscheidende Anstoß für mich, diese nun zu lösen. Mein persönlicher Wunsch war es, medizinische „Eingriffe“ ohne Angst oder Kreislaufkollaps zu überstehen.

Die gesamte Behandlung umfasste insgesamt ein Explorationsgespräch sowie zwei Sitzungen mit Traumabehandlung, um meine negativen Verknüpfungen mit Spritzen zu lösen und durch positive zu ersetzen.


 

Die Ausgangssituation:


Die unangenehmen Gefühle im Hinblick auf Spritzen u.ä. begleiten mich bereits seit meiner Kindheit. Eine bevorstehende Blutabnahme, ein schmerzfreier kleiner Eingriff wie das Entfernen eines Muttermals oder nur der bloße Anblick (oder die Vorstellung) einer Nadel lösen bei mir Angst, Unwohlsein und Kreislaufprobleme aus. Auch andere „körperliche“ Vorgänge wie das Geräusch von knackenden Gelenken oder das Pulsieren meines eigenen Blutes beim Blutdruckmessen konnte ich nur schwer ertragen. Obwohl ich keine besondere Angst vor den Schmerzen hatte, reichte oft schon ein bestimmtes Wort, um in meiner Vorstellung Bilder entstehen zu lassen, die ich nicht abschalten konnte und die die gleichen Symptome hervorriefen wie der tatsächliche Anblick von Blut oder Spritzen. Als ich von der Schwangerschaft erfuhr – die ja bekanntlich mit häufigeren Arztbesuchen verbunden ist –, wollte ich an diesem Zustand dringend etwas ändern.




Im Explorationsgespräch fanden wir heraus, dass meine Probleme mit dem traumatischen Erleben meiner eigenen schwierigen Geburt (gefestigt durch wiederholte Erzählungen der Eltern) ausgelöst wurden. Eine ebenfalls ausgelöste Neigung zur Hypersensitivität verstärkt die negativen Empfindungen zudem.

Im nächsten Schritt arbeiteten wir an der Ausarbeitung der Ausgangskognitionen: Der Anblick einer Spritze oder ähnliches löst bei mir unwillkürlich körperliche Reaktionen, wie Herzrasen, Kreislaufprobleme und Übelkeit, aus. Folgende Gefühle konnte ich dabei identifizieren: Das Gefühl, der Situation ausgeliefert zu sein; keine Kontrolle über die Situation zu haben; nicht lebendig zu sein; meinem Körper nicht zu vertrauen.


Zielkognitionen:


Mein Wunsch ist es, mich stark, lebendig und kraftvoll zu fühlen. Ich möchte die Situation unter Kontrolle haben. Ich möchte stark sein für mein Baby sowie ein positives Gefühl im Hinblick auf die Geburt haben. Daraufhin erstellte ich eine Liste mit meinen persönlichen Ressourcensituationen, also mit Situationen, in denen ich mich entsprechend der Zielkognitionen gefühlt habe. Ich suchte nach Situationen, in denen Herzklopfen, das Pulsieren des Blutes usw. mit positiven Körperempfindungen und Glücksgefühlen verbunden waren.


Durchführung und Erleben:


In den folgenden zwei Sitzungen ging es nun daran, die negativen Verknüpfungen zu löschen und die Zielkognitionen zu verankern.

Dazu setzte mir Herr Sittig Kopfhörer auf, über die ununterbrochen ein spezieller Ton abgespielt wurde. Währenddessen stellte ich mir die Situationen, die die negativen Empfindungen auslösen, vor. Dann sollte ich die negative Ladung auf einer Skala von 1 bis 100 bestimmen. Ich befand mich bei 70-80.

Interessanterweise entstanden bei der Visualisierung der negativen Situationen tatsächliche körperliche Empfindungen, wie Übelkeit, leichte Schmerzen an den Armen usw.

Daraufhin sollte ich mir meine positiven Ressourcensituationen vorstellen; dabei hörte ich wiederum den Ton über die Kopfhörer. Ich wiederholte die Visualisierungen so lange, bis ich ein umfassendes Glücksgefühl empfand. Auf die Nachfrage von Herrn Sittig konnte ich die positiven Empfindungen auf der Skala bei circa 85 bis 90 verorten.


Die Ressourcensituationen waren nun mit dem Glücksgefühl verknüpft. Als nächstes sollte ich mir die negativen und die positiven Situation im Wechsel vorstellen, um das Negative mit dem Positiven zu überlagern. Zwischendurch überprüfte Herr Sittig wiederholt, ob die Vorstellung des Blutabnehmens noch unangenehme Empfindungen in mir auslöst. Gegen Ende der Sitzung war ich bereits so weit, dass ich ohne negative Gefühle an Spritzen denken konnte. Zuletzt gingen dann auch noch auf die Geburt ein, um auch hier positive Verknüpfungen zu schaffen.


Integration in den Lebensalltag:


Einige Tage nach der Behandlung war ich für eine Blutabnahme beim Arzt. Davor hatte ich noch circa 15 Minuten im Wartezimmer Zeit, um mich vorzubereiten. Ich visualisierte meine positiven Ressourcensituationen, bis ich ein Glücksgefühl spürte und die leichte Panik verflogen war. Ich sagte mir, dass mein Körper stark ist, und ich die Situation unter Kontrolle habe. Ich ging dann verhältnismäßig entspannt in den Behandlungsraum und konnte zum ersten Mal eine Blutabnahme im Sitzen und ohne Kreislaufprobleme über mich ergehen lassen. In den darauffolgenden Wochen musste ich noch einige Male hin, und jedes Mal ging ich vorher kurz in mich, um mich wie oben beschrieben auf die Behandlung vorzubereiten. Mit jedem Mal hatte ich weniger Probleme.

Mittlerweile, mehr als zwei Monate nach der Behandlung, kann ich bereits ohne jegliche Vorbereitung zum Blutabnehmen. Auch das Pulsieren meines Blutes (wie beim Blutdruckmessen) löst keinerlei negative Empfindungen mehr aus. Der Geburt sehe ich verhältnismäßig entspannt entgegen, weil ich weiß, dass mein Körper stark ist und ich mich in der Situation sicher und gut aufgehoben fühlen kann.

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